Publikation zur Ausstellung „Wege finden – Wege gehen“ im Rahmen von „Memories of Memories“ im Toni-Knapp-Haus in Schwaz gemeinsam mit Leonie-Hannah Huber.
Auftraggeber: Schwazer Kulturverein im Toni-Knapp-Haus
Im Gau Tirol-Vorarlberg entstanden während der Zeit des Nationalsozialismus zahlreiche Lager, in denen das Regime Menschen ausbeutete, folterte und ermordete. 1944 wurden in der Stadt Schwaz in Zusammenhang mit der Untertage-Verlagerung der Messerschmittwerke in die Stollen und Kavernen des Bergwerkes drei Zwangsarbeiterlager errichtet.
Für die zeitliche und räumliche Rekonstruktion der Schwazer Lager wurde ein historisches GIS (Geografisches Informationssystem) erstellt, um unterschiedliche Quellengattungen in einer Datenbank zu bündeln, zu analysieren und planlich darzustellen.1 Dabei wurde auf Primärquellen wie Pläne und Schriftquellen aus dem Tiroler Landesarchiv (TLA) und dem Bundesarchiv Berlin (BArch) ebenso zurückgegriffen, wie auf historische Luftbilder, die im Zuge von Bombardierungen bzw. Aufklärungsflügen von Alliierten Kräften erstellt wurden. Weitere Informationen stammen von nachkriegszeitlichen Fotografien des „Camp Oradour“. Die Bau- und Lagepläne der Zwangsarbeiterlager wurden digitalisiert und georeferenziert, d. h. die Daten wurden in das GIS über Referenzpunkte eingebettet. Alle verfügbaren Daten zu den Baracken – wie Typ, Größe, Anzahl und Funktion – wurden erfasst und überprüft. Für das Zwangsarbeiterlager an der Straße nach Buch, später als Entnazifizierungslager „Camp Oradour“ bekannt, wurde auch die Nachnutzungsphase bis in die 1980er Jahre erarbeitet. Bei der kritischen Untersuchung aller Informationen konnten Abweichungen zwischen den Planungsunterlagen in den Archiven und den realisierten Bauten festgestellt werden.
Neben der zeitlichen und räumlichen Rekonstruktion der Lager kann das historische GIS in weiterer Folge auch für eine Lokalisierung von möglichen Bodendenkmalen im Bereich der ehemaligen Lagerstandorte herangezogen werden. Die erhobenen und georeferenzierten Daten wurden dafür mit den modernen Geodaten aus dem Rauminformationssystem TIRIS des Landes Tirol verknüpft.